Wir treffen jeden Tag einige Tausend Entscheidungen. Viele dieser Entscheidungen brauchen Energie von uns. Denn wir müssen überlegen: Was tun wir? A oder B? Welchen Weg schlagen wir ein? Gerade Bewerbungsprozesse sind voll von diesen Entscheidungen. Man muss immer wieder überlegen: Kommt der Bewerber in die nächste Runde – ja oder nein? Leider wiederholen wir so auch Fehler.
Stelle dir vor, du hast ein Bewerbungsgespräch mit einer jungen Dame für die offene Marketingposition. Sie hat die perfekten Voraussetzungen, perfekter Lebenslauf, perfekte Noten und sie ist auch nett, doch irgendetwas stört dich. Du machst eine zweite und dritte Runde. Das Ergebnis: Unverändert. Du denkst: Okay, wir probieren es. Du stellst sie ein. Häufig wirst du dann erleben, dass dieses Störgefühl, das du hattest, sich bestätigt und du die Mitarbeiterin in der Probezeit entlässt. Oder du hast entschieden, es nochmal zu probieren und musst sie dann später entlassen. Das Verrückte ist, dass wir genau solche Fehler wiederholen. Wir vergessen, dass wir ein Störgefühl hatten. Was kannst du dagegen tun?
Gehe in drei Schritten vor – immer mit dem Ziel, eine Grundsatzentscheidung zu treffen.
Schritt 1: Dokumentiere
Halte so viel wie möglich aus deinem Bewerbungsprozess fest. Ein Beispiel: Ich habe drei Kategorien, in die ich Bewerber nach den einzelnen Runden einteile. Kategorie 1 heißt: Klares Nein oder bin unsicher und tendiere zu Nein. Kategorie 2 heißt: Bin unsicher, aber tendiere zu Ja. Kategorie 3 heißt: Sicheres Ja. Ich habe mir über Jahre hinweg dokumentiert, welcher Mitarbeiter im Bewerbungsprozess welche Kategorie hatte und konnte somit über die Zeit hinweg feststellen, welche Mitarbeiter nachher performen.
Schritt 2: Werte die Daten aus
Die Daten, die du sammelst, gilt es natürlich auszuwerten. So weiß ich inzwischen, Kategorie 1 (Nein) heißt immer Nein. Wenn ich im Telefoninterview das erste Nein habe, lade ich die Person gar nicht mehr ein, denn ich habe keinen Fall erlebt, wo das später erfolgreich wurde. Ich habe bewusst getestet über die Jahre hinweg und Menschen eingeladen, um zu schauen, was am Ende dabei rumkommt. Ich experimentiere aktuell noch mit Kategorie 2, weiß aber schon sicher: Mitarbeiter, die in Bewerbungsprozessen Kategorie 2 waren, werden später keine High Performer. Je mehr du über Jahre hinweg durch das Dokumentieren weißt, desto besser kannst du im Anschluss Grundsatzentscheidungen treffen.
Schritt 3: Treffe Grundsatzentscheidungen
Wenn du die Daten ausgewertet hast, kannst du Schlussfolgerungen ziehen und dann grundsätzliche Entscheidungen treffen. So habe ich zum Beispiel für mich entschieden, sobald das erste klare Nein da ist, geht es für die Person nicht weiter und auch wenn Zweifel mit Tendenz zu Nein da sind, geht es nicht weiter. Es könnte theoretisch sein, dass ich so einen genialen Bewerber verpasse, aber ich spare insgesamt gesehen deutlich Energie. Ich habe auch für mich entschieden, dass ich nur Menschen einstelle, die von unseren Produkten begeistert sind und sie wirklich gut finden. Weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass das später einen großen Unterschied gemacht hat. Menschen, die begeistert von den Produkten sind, konnten Leistungsdefizite leichter ausgleichen. So habe ich heute insgesamt ca. 7-10 Grundsatzentscheidungen pro Stelle. Das spart Zeit und Energie.
Übrigens: Mache hier keine Quick-Fixes, sondern lasse dir Zeit für die Datenerhebung. Sonst weißt du nachher nicht, auf welcher Grundlage die Entscheidungen getroffen wurden.
Autorin:
Debora Karsch, Geschäftsführerin und Mastertrainerin der persolog GmbH