Hätte man mich vor 7 Jahren gefragt, was Resilienz ist, hätte ich nur grob antworten können. Ich hätte ehrlich gesagt nicht genau gewusst, was dahintersteckt, obwohl ich mich seit 15 Jahren intensiv mit Stressmanagement, Zeitmanagement, Selbstführung und vielen anderen Themen beschäftige. Resilienz hatte ich nicht auf dem Schirm und habe ich auch komplett unterschätzt. Inzwischen kann ich nicht aufhören zu betonen, wie wichtig Resilienz für den Unternehmenserfolg ist.
Resilienz und persolog: Wie alles begann
Tatsächlich kam ich durch einen kuriosen Zufall auf dieses Thema: Ich wurde für einen Kongress als Speakerin gebucht und sollte eigentlich etwas zum persolog® Persönlichkeits-Modell vortragen. Das Programm wurde veröffentlicht und mein Name stand zwar dabei, aber mit einem anderen Thema, nämlich: „Resilienz: Wie Sie die psychische Widerstandsfähigkeit steigern“. Im ersten Moment hat mich der Schock getroffen. Aber im Nachhinein ließ sich daran nichts mehr ändern, es war alles schon gedruckt. Also stand ich vor der Frage: Trage ich mein ursprünglich geplantes Thema vor, mit dem keiner rechnet, oder beschäftige ich mich innerhalb von einer Woche mit Resilienz? Ich bin so dankbar, dass ich mich damals dafür entschieden habe, mich auf das Thema Resilienz einzulassen. Mir wurde bewusst: Es steckt eine unfassbare Power im Themenfeld Resilienz! Heute ist Resilienz eines DER Themen, für die wir bei persolog stehen.
Resilienz als Antwort auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt
Meine These ist: Wenn wir alle unsere persönliche Resilienz steigern und unsere Teams sowie Organisationen resilient wären, dann hätten wir ganz viele Probleme nicht. Ich glaube, wir könnten verhindern, dass Menschen zehn Jahre lang unzufrieden in einem Job bleiben und keine beruflichen Aufstiege erreichen, ohne zu kündigen. Außerdem könnten wir verhindern, dass Menschen in toxischen Arbeitsumgebungen arbeiten und völlig erschöpft nach Hause gehen. Ich glaube, viele dieser Probleme könnten vermieden werden.
Die Realität in Unternehmen und die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels
Ich bin überzeugt, dass die drei Wirkebenen – persönliche Resilienz, Teamresilienz und organisationale Resilienz - enormes Potenzial haben. Sie könnten uns in eine völlig andere Arbeitswelt führen. Die hohe Anzahl psychischer Probleme in Unternehmen und die Unzulänglichkeit herkömmlicher Ansätze wie Stress- und Zeitmanagement zeigen die Notwendigkeit eines Umdenkens. Es ist Teil unserer Mission, Unternehmen zu schaffen, in denen es den Menschen gut geht und in denen sie gerne arbeiten. Unternehmen müssen erkennen, dass die Förderung der Resilienz der Mitarbeitenden entscheidend ist, um langfristige Bindung und Zufriedenheit zu gewährleisten.
Laut einer aktuellen Befragung leiden in Deutschland 31 % der Bevölkerung an einer psychischen Krankheit (AXA Mental Health Report 2024). Das mag im ersten Moment nicht dramatisch klingen, aber es bedeutet, dass fast jeder Dritte betroffen ist! Das hat natürlich enorme Auswirkungen auf unseren Alltag, unsere Erfahrungen und unsere Belastbarkeit.
Außerdem ist es bemerkenswert, wie sich die Wechselbereitschaft im Laufe der letzten Jahre immer weiter erhöht hat. 45 %, also fast jede:r zweite Arbeitnehmer:in gibt an, nach einem neuen Arbeitsplatz zu suchen oder zumindest offen für einen Wechsel zu sein (Gallup Engagement Index Deutschland 2023). Das ist ein Riesenproblem für Firmen. Woran liegt das? Es wird viel diskutiert, dass Mitarbeitende und Führungskräfte zunehmend gestresst sind und oft das Gefühl haben, dass sie nichts richtig machen können. Da ist es naheliegend, dass Mitarbeitende das Unternehmen verlassen, insbesondere wenn sie andere Optionen haben.
Es ist kein Geheimnis, dass die heutige Arbeitswelt sich stark von der Vergangenheit unterscheidet und die Menschen künftig deutlich häufiger ihren Job wechseln werden als vergangene Generationen. Manche entscheiden sich dafür, ihr Unternehmen zu verlassen, während andere versuchen könnten, das Unternehmen positiv zu beeinflussen.
Wenn man nun aber danach fragt, wie viele Unternehmen tatsächlich an ihrer Resilienz arbeiten, zeigt sich ebenfalls ein eindeutiges Bild: Nur 13% der deutschen Mittelstandsunternehmen geben in einer Befragung an, dass sie sich in Sachen Resilienz als gut gerüstet betrachten (TCW Studie 2023 mit 460 Unternehmen). Nur ein kleiner Prozentsatz der Unternehmen beschäftigt sich also aktiv mit diesem wichtigen Thema. Gleichzeitig geben aber über 90 % der Führungskräfte in derselben Befragung an, das Thema Resilienz für Unternehmen als wichtig einzuschätzen. Das zeigt: Hier besteht eine Lücke zwischen Wissen und Umsetzung.
Die Lücke schließen mit fundiertem Training und Coaching
Obwohl die Bedeutung von Resilienz in Unternehmen weitgehend anerkannt wird, besteht eine Diskrepanz zwischen dem Bewusstsein für die Bedeutung und der tatsächlichen Umsetzung von Resilienzstrategien. Hier ergibt sich großer Beratungs- und Trainingsbedarf. Doch ganz wichtig: Eine fundierte Ausbildung ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass Trainer:innen, Coaches und Führungskräfte die drei Ebenen der Resilienz. Eine umfassende Ausbildung stellt sicher, dass nicht nur theoretisches Wissen über Resilienz vorhanden ist, sondern auch praktische Fähigkeiten zur Umsetzung entwickelt werden. Trainer:innen und Coaches sollten in der Lage sein, individuelle und organisationale Resilienzstrategien maßgeschneidert anzuwenden. Diese Ausbildung sollte kontinuierlich sein, da sich die Arbeitswelt ständig weiterentwickelt und neue Herausforderungen mit sich bringt. Sie ermöglicht es den Mitarbeitenden, nicht nur Krisen zu bewältigen, sondern auch langfristig widerstandsfähig zu bleiben.
Letztendlich ist eine umfassende Ausbildung ein entscheidender Schritt, um die Kluft zu schließen und eine wirklich widerstandsfähige Arbeitskultur zu schaffen. Mit unseren Modellen für persönliche Resilienz, Teamresilienzund organisationale Resilienz, wollen wir die Lücke schließen.
Die Bedeutung von persönlicher Resilienz
Es macht in jeder Lebensphase Sinn, die eigene Resilienz zu stärken, um auf Krisen vorbereitet zu sein und die Gesundheit zu fördern. Selbstreflexion steht am Anfang dieses Prozesses und kann z.B. mit dem persolog® Profil für persönliche Resilienz. Ganz wichtig ist es mir, immer wieder zu vermitteln, dass Resilienz immer etwas mit Lernfähigkeit und Anpassungsfähigkeit zu tun hat und kein determiniertes Persönlichkeitsmerkmal ist. Auch wenn es uns nicht immer gelingt, ist es großartig, wenn wir Durchbrüche erzielen können, indem wir kleine Veränderung in unserem Leben umsetzen und gute Gewohnheiten stärken.
Es geht nicht immer darum, alles neu zu machen, sondern darum, an kleinen Hindernissen zu arbeiten, die uns regelmäßig im Weg stehen. Es geht darum, einen aktiven Prozess der psychischen Gesunderhaltungzu durchlaufen. Denn das ist der große Vorteil, der sich für den Einzelnen aus der Stärkung der eigenen Resilienzkompetenz ergibt: dass wir gut vorbereitet und ausgerüstet sind. Trotzdem kann es weiterhin vorkommen, dass uns etwas richtig aus der Bahn wirft, aber: Je besser ich darauf vorbereitet bin, je mehr Strategien ich habe, desto leichter wird es mir wahrscheinlich fallen, die Krise auch zu bestehen.
Das Zusammenspiel der 3 Wirkebenen der Resilienz im Blick behalten
Wenn wir das Zusammenspiel der Wirkebenen der Resilienz betrachten, wird schnell klar: Investitionen in die Resilienz der Mitarbeitenden führen zu einer verbesserten Arbeitsumgebung, erhöhter Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit. Unternehmen müssen erkennen, dass die Stärkung der Resilienz nicht nur individuelle Vorteile bringt, sondern auch das Team und die Organisation insgesamt stärkt. Als Trainer:innen und Coaches müssen wir alle 3 Ebenen im Blick behalten und im Idealfall auch an allen Ebenen arbeiten. Denn jede Ebene beeinflusst etwas andere Faktoren, die jedoch immer in die anderen Ebenen hineinwirken. So oft wirken sich Situationen im Privatleben auch auf das Berufsleben aus. Auch ich habe meine persönlichen Krisenerfahrungen gemacht, die im beruflichen Kontext spürbar waren. Aber der Rückhalt meines Teams hat mir geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Ich kann alle, die im Bereich Training und Coaching Resilienz auf der Agenda haben, nur ermutigen, eine fundierte Ausbildung zu durchlaufen und dieses wichtige Thema in den Unternehmen immer weiter voranzutreiben.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus Debora Karschs Keynote beim persolog® Tag der Resilienz 2024. Wenn du das Event verpasst hast und neugierig geworden bist, kannst du dir hier im Nachgang das VIP-Ticket mit den Aufzeichnungen aller Workshops sowie den Präsentationen im PDF-Format sichern.