Fast jedes Unternehmen hat sich in der Corona-Krise nie dagewesenen Herausforderungen stellen müssen. Bewährte Prozesse und Abläufe wurden von heute auf morgen verändert oder ausgesetzt. Das macht auch etwas mit den Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten. Welche Auswirkungen hat über ein Jahr pandemiebedingter Ausnahmezustand in den Unternehmen auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter? Im Interview verrät Anjana Ahnfeldt, worauf Unternehmen jetzt achten müssen, um gerade ihre Top Performer zu halten, und wie das gelingen kann.
Anjana, beim persolog Trainertag letzte Woche habe ich an einem Workshop zum Thema "Mitarbeiterzufriedenheit erkennen" teilgenommen. Besonders spannend fand ich deine Aussage, dass Organisationen gerade jetzt die Mitarbeiterzufriedenheit wieder stärker in ihren Blick rücken müssen.
Anjana: Unbedingt. Die Organisationen, die sich in den letzten Monaten durch die Pandemie gekämpft haben, die überlebt haben und jetzt darauf hoffen dürfen, die Krise überstanden zu haben, die haben sehr kurzfristig erkannt, was der Markt braucht und haben ihre Widerstandsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft bewiesen. Jetzt ist es aber an der Zeit, wieder die langfristige Brille aufzusetzen. Und hier muss der Mitarbeiter wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt werden.
Was genau meinst du damit?
Anjana: Während Organisationen vollkommen zu Recht den Fokus auf kurzfristige Lösungen für das Sichern ihres Umsatzes gelegt haben, ist der Mitarbeiter in vielen Organisationen zu kurz gekommen. Über Jahre aufgebaute Prozesse wurden von heute auf morgen nicht mehr verfolgt. Entscheidungen wurden schneller getroffen – nicht immer konnten Mitarbeiter:innen da ideal mitgenommen werden.
Haben Organisationen da versagt, die Mitarbeiter richtig zu führen?
Anjana: Nein, so kann man das nicht allgemein sagen. Ich kenne viele Organisationen, die in den letzten Monaten auch Großes für ihre Belegschaft gegeben haben. Da reicht die Bandbreite von ergonomischen Schreibtischstühlen für das Homeoffice, über regelmäßige Updates via digitaler Kommunikationskanälen bis hin zu Teamevents mit der VR Brille oder dem virtuellen Weintasting.
Und die Unterscheide zwischen den Organisationen im Umgang mit ihren Mitarbeiter:innen wird nur relevant – gegen ... hoffentlich ... Ende der Pandemie?
In der Regel ist es immer so, dass gerade Top Performer die Wahl haben, in welchen Organisationen sie arbeiten möchten. Wenn diese Top Performer nun, wenn sich der Markt wieder stabilisieren sollte, nicht wahrnehmen, dass ihre individuellen Werte, Motive und Bedürfnisse in der Organisation befriedigt werden, dann wird die Organisation sie nicht halten können. Es sind also genau die Werte, Motive und Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen, die Organisationen wieder stärker fokussieren müssen.
Warum gerade Werte, Motive und Bedürfnisse?
Die Zertifizierung eignet sich für persolog® EnergyFactor Modell macht den Zusammenhang eigentlich ganz deutlich: Werte, Motive und Bedürfnisse bilden zusammen sogenannte Energie-Faktoren. Werden meine Werte, Motive und Bedürfnisse also ausreichend bedient, dann gibt mir dies Energie. Im Gegenzug verliere ich unfassbar viel Kraft und Energie, wenn ich gegen meine persönlichen Werte, Motive und Bedürfnisse agieren muss.
Hast du ein Beispiel?
Anjana: Angenommen, mir ist sehr viel daran gelegen, dass in der Organisation ein großes Gemeinschaftsgefüge existiert. Wenn nun aber in den letzten Monaten ein eher egoistisches Verhalten bestärkt wurde, weil der Austausch fehlte und jeder einzelne sich beweisen musste, um eine mögliche Entlassung zu umgehen, dann verliere ich Kraft in genau dieser Arbeitsatmosphäre.
Oder ein anderes Beispiel: Wenn ich normalerweise sehr gerne analytisch denke, in Visionen denke und strategische Entscheidungen innerhalb meines Verantwortungsbereichs tragen konnte und mir auch genau dies ein großes Bedürfnis war, dann verliere ich in einem Arbeitsumfeld Energie, wenn die Entscheidungen nun diktatorisch getroffen werden und meine Stimme nicht mehr Gehör findet. Das Problem dabei: Kraftverlust, Energieverlust, mangelnde Befriedigung der Werte, Motive und Bedürfnisse – das geht mit Unzufriedenheit einher.
Gelingt es einer Organisation also langfristig nicht die Werte, Motive und Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen zu befriedigen, dann verlieren diese zeitnah mindestens ihre Top Performer.
Anjana: So ist es. Zumindest würde ich das so prognostizieren.
Was können Organisationen also tun? Wo müssen sie ansetzen bzw. wie können sie erkennen, ob die Mitarbeiterzufriedenheit noch besteht?
Anjana: Natürlich können Organisationen nun z.B. Einzelgespräche ansetzen oder groß angelegte Umfragen entwickeln. Meiner Meinung nach gibt es aber gerade mit dem persolog® EnergyFactors Organisations-Profil bereits das ideale Hilfsmittel, um aufzudecken, an welchen Stellen es mangelt. Also an welchen Stellen die Erfüllung der Werte, Motive und Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen zu kurz kommt. Die Mitarbeiter:innen füllen einen Fragebogen aus, das Organisations-Energie-Chart aus Sicht des Mitarbeiters wird automatisch erstellt und Maßnahmen können entsprechend abgeleitet werden.
Bietet sich das Modell grundsätzlich für das Erkennen der Mitarbeiterzufriedenheit an oder ist es wirklich nur auf die Pandemie zu beschränken?
Anjana: Überhaupt nicht. Im Gegenteil. Mitarbeiterzufriedenheit ist eines der Key Performance Indicators für Organisationen. Sie muss immer berücksichtigt werden und EnergyFactors ist hier immer geeignet. In der aktuellen Zeit wird es einfach nur noch relevanter, sich mit den Möglichkeiten des Modells auseinanderzusetzen, um in kurzer Zeit mögliche Bedarfe aufzudecken und handlungsfähig zu werden. Um eben nicht nur kurzfristig durch die Krise zu kommen, sondern um sich auch langfristig am Markt behaupten zu können.
Danke Anjana, für die neuen Gedanken und das Fingerzeigen auf diesen wunden Punkt in der heutigen Zeit.
Anjana Ahnfeldt arbeitet als Trainerin, ist Expertin für Zeitmanagement und Produktentwicklerin für das persolog® EnergyFactors-Modell.
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